Medi-Kontraindikationen bei EDS
Das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) ist eine vielschichtige Erkrankung, die viele Aspekte des Lebens beeinflussen kann. Einigen dieser Aspekte sollte dabei besondere Beachtung geschenkt werden, zum Beispiel der Einnahme von Medikamenten. Denn manche davon bergen Risiken für EDS-Patienten. Zu ihnen gehören:
- Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR)
- Blutverdünner
- Produkte auf Kollagenbasis
- Narkotische Schmerzmittel
- Anästhesie
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
NSAR wirken, indem sie die Produktion von Prostaglandinen blockieren. Diese spielen bei der Regulierung von Entzündungen und Schmerzen eine wichtige Rolle, allerdings ebenso bei der Bildung von Blutgerinnseln. Werden die Prostaglandine blockiert, erhöht sich das Blutungsrisiko. Personen mit EDS haben jedoch schon von Natur aus ein höheres Blutungsrisiko, da auch die Blutgefäße durch die Erkrankung beeinflusst werden. Um ein noch höheres und damit potentiell gefährliches Blutungsrisiko zu vermeiden, sollten Medikamente wie Ibuprofen und Naproxen vermieden werden.
Blutverdünner
Antikoagulanzien und Thrombozytenaggregationshemmer können das Blutungsrisiko ebenfalls erhöhen, indem sie die Blutstillung erschweren. Daher wird Patienten mit EDS generell empfohlen, die Einnahme von Blutverdünnern sehr genau überwachen zu lassen.
Produkte auf Kollagenbasis
Kollagenbasierte Produkte werden häufig als Mittel zur Verbesserung des Aussehens und der Gesundheit von Haut und Gelenken vermarktet. Für Patienten mit EDS kann die Verwendung von Produkten auf Kollagenbasis aus folgenden Gründen problematisch sein:
- der Zustand wird nicht verbessert, weil das zugeführte Kollagen nicht zu einer gesunden Kollagensynthese beiträgt
- mögliche allergische Reaktionen (Zusatzstoffe)
Narkotika
Narkotika wie Opioide können für Patienten mit EDS aus mehreren Gründen gefährlich sein, wie unten aufgeführt:
- Erhöhtes Suchtrisiko: Patienten mit EDS tragen ein großes Risiko, eine Opioidabhängigkeit zu entwickeln, aufgrund der chronischen Natur ihrer Schmerzen.
- Erhöhtes Risiko einer Überdosierung: Patienten mit EDS reagieren möglicherweise empfindlicher auf die Wirkung von Opioiden, was das Risiko einer Überdosierung erhöhen kann.
- Beeinträchtigung der Physiotherapie: Narkotika können Patienten schläfrig und weniger wachsam machen, was die Teilnahme an Physiotherapie und anderen Formen der Rehabilitation, die für die Behandlung der EDS-Symptome wichtig sind, beeinträchtigen kann.
- Maskierung von Schmerzen: Narkotika können Schmerzen maskieren, was es für Patienten und Ärzte schwieriger machen kann, eine ordnungsgemäße Diagnose und Behandlung durchzuführen.
Anästhesie
Anästhesie ist bei EDS-Patienten ein wichtiges Thema, denn es gibt einiges im Auge zu behalten. Darunter:
- Lokalanästhetika haben bei manchen Patienten eine verminderte oder gar keine Wirkung (Arendt-Nielsen, L. et al., 1990). Gewebevernarbung oder ein anderer nicht identifizierter Mechanismus führt zu einer verminderten Ausbreitung der lokalen Anästhetika (Hakim, 2005) – besonders oft berichtet in Bezug auf lokale zahnchirurgische Eingriffe.
- Zentralvenöse Zugänge und arterieller Punktionen sollten nach Möglichkeit bei Typ IV (und anderen Unterarten) aufgrund des hohen Risikos für vaskuläre Dissektion vermieden bzw. erst nach einer Ultraschall-Untersuchung durchgeführt werden.
- Eine vorsichtige Beförderung und Lagerung ist bei Patienten mit EDS zwingend erforderlich. Die Mobilisation sollte unter Berücksichtigung der Gefahr von leichter Hautschädigung, Hämatombildung und Gelenkluxationen (instabile Halswirbelsäule!) durchgeführt werden.
- Intubationsprobleme können aufgrund durch EDS beeinflusster (fibroelastischer) Gewebe (knorpelige Ringe der Luftröhre) auftreten.
- Um das hohe Risiko einer Kiefergelenksluxation zu vermeiden, ist eine sorgfältige Maskenbeatmung anzuraten.
- Ein kleinerer endotrachealer Schlauch als bei gesunden Patienten könnte die Schleimhautschädigung in der Luftröhre verringern.
- Die Intubation kann eine hypertensive Reaktion (Blutdruck schießt hoch) auslösen, die bei Patienten mit vaskulärem EDS zu arteriellen Dissektionen oder zerebralen Blutungen führen kann.
- Neben einer größeren Anfälligkeit für Parodontose können Zähne und Zahnfleisch besonders anfällig sein, was mit Defekten von Kollagenen in den Mundgeweben in Zusammenhang steht.
- Manche EDS-Patienten betrifft das posturale orthostatische Tachykardiesyndrom (POTS) – zurückzuführen auf abnormale aortale Barorezeptor-Antworten (Grigoriou, 2015). Eine gute Volumentherapie schafft Abhilfe.
- Mehr dazu hier.
Arendt-Nielsen, L. et al. (1990). Insufficient effect of local analgesics in Ehlers Danlos type III patients (connective tissue disorder). Acta anaesthesiologica Scandinavica, 34(5), 358–361. https://doi.org/10.1111/j.1399-6576.1990.tb03103.x
Grigoriou, E. et al.. (2015). Postural orthostatic tachycardia syndrome (POTS): association with Ehlers-Danlos syndrome and orthopaedic considerations. Clinical orthopaedics and related research, 473(2), 722–728. https://doi.org/10.1007/s11999-014-3898-x
Hakim, A. J. et al. (2005). Local anaesthetic failure in joint hypermobility syndrome. Journal of the Royal Society of Medicine, 98(2), 84–85. https://doi.org/10.1177/014107680509800222