ME/CFS
Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS) ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die oft zu gravierenden körperlichen Einschränkungen führt. Weltweit sind etwa 17 Millionen Menschen betroffen, in Deutschland lagen die Schätzungen vor der COVID-19-Pandemie bei rund 250.000, mittlerweile geht man von der doppelten Anzahl aus. Seit 1969 wird ME/CFS von der WHO als neurologische Erkrankung anerkannt.
Zu den Hauptsymptomen von ME/CFS gehören neben einer extremen Erschöpfung und körperlichen Schwäche auch neurokognitive, autonome und immunologische Beschwerden. Ein zentrales Merkmal ist die sogenannte Post-Exertionelle Malaise (PEM), eine Verschlimmerung aller Symptome nach minimaler körperlicher oder geistiger Belastung. Diese Verschlechterung kann Tage oder sogar mehrere Wochen anhalten und äußert sich in ausgeprägter Erschöpfung, Muskelschmerzen, grippeähnlichen Symptomen und einem generellen Gesundheitsabfall. Selbst alltägliche Tätigkeiten wie Duschen, Zähneputzen oder Kochen können erhebliche Anstrengung bedeuten und im Anschluss tagelange Bettruhe erfordern. Schwerstbetroffene erleben PEM oft schon durch einfache Bewegungen im Bett oder durch den Besuch einer anderen Person im Raum. PEM ist das Symptom, das ME/CFS von anderen Krankheiten unterscheidet, die Fatigue verursachen, die jedoch durch Aktivität zu einer Verbesserung führt. Bei ME/CFS Betroffenen hingegen kann Aktivierung zu einer weiteren, dauerhaften Verschlechterung der Erkrankung führen.
Weitere Symptome:
Orthostatische Intoleranz: Viele Betroffene leiden unter Symptomen des autonomen Nervensystems wie Herzrasen, Schwindel und Blutdruckschwankungen, was oft dazu führt, dass sie nicht lange stehen oder sitzen können – ein Zustand, der als orthostatische Intoleranz bezeichnet wird. Es handelt sich also um die Schwierigkeit, den Kreislauf langfristig stabil zu halten, was in einer unzureichenden Blutversorgung der oberen Körperhälfte, besonders des Gehirns resultiert. Es kann zur Tachykardie (schneller Herzschlag im Stehen) kommen und ebenfalls zum Blutdruckabfall (Hypotonie), bis hin zur Ohnmacht (Synkope).
Neurokognitive Symptome: Zusätzlich leiden viele Betroffene unter neurologischen Beeinträchtigungen, darunter Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Wortfindungsstörungen, verlangsamtem Denken und Schwierigkeiten bei der Informationsverarbeitung. Oft kommt es auch zu übermäßiger Empfindlichkeit gegenüber äußeren Reizen sowie Brain Fog. In schweren Fällen können Betroffene oft nur in abgedunkelten Räumen bleiben und sind in ihrer Kommunikation auf Flüstern beschränkt.
Erhöhte Infektanfälligkeit: Auch das Immunsystem zeigt Auffälligkeiten: Häufig berichten sie von ständigen Krankheitsempfindungen, schmerzhaften und geschwollenen Lymphknoten sowie anhaltenden Halsentzündungen und einer besonders hohen Anfälligkeit für Infekte.
Schlafstörungen: Viele Betroffene leiden unter Ein- und Durchschlafproblemen trotz anhaltender Erschöpfung. Der Schlaf bringt keine Erholung.
Chronische und akute Schmerzen: Begleitet werden diese Beschwerden häufig von intensiven Schmerzen, die sowohl Muskeln und Gelenke als auch den Kopf betreffen und oft in ungewöhnlicher Weise auftreten.
Magen-Darm-Beschwerden: Es können Symptome auftreten, die dem Reizdarmsyndrom ähneln: Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Blähungen und Übelkeit.
In vielen Fällen beginnt ME/CFS nach einer Infektion. Zu den möglichen Auslösern zählen das Epstein-Barr-Virus, Influenza sowie COVID-19. Die Entstehungsmechanismen von ME/CFS sind noch nicht geklärt, es existieren jedoch vermehrt Hinweise darauf, dass der Krankheit eine Fehlregulation des Immunsystems und des autonomen Nervensystems zugrunde liegen könnte. Obendrein geht ME/CFS oftmals mit weiteren Multisystemerkrankungen einher, wie dem Mastzellaktivierungssyndrom oder der Small Fiber Neuropathie.
Einen eindeutigen Biomarker für ME/CFS existiert bisher nicht, somit muss die Diagnose nach einem differenzialdiagnostischen Ausschlussverfahren und anhand spezifischer Kriterien erfolgen.