Differentialdiagnosen für CCI/AAI

Instabile Kopfgelenke sind scheinbar der Rekordhalter, was die Entwicklung gruseliger Symptome betrifft. Allein das könnte glatt als Alleinstellungsmerkmal durchgehen. Tatsache ist jedoch, dass noch weitere Erkrankungen existieren, die mit ähnlich viel Horror einhergehen.


Chiari-Malformation

CCI/AAI ist nicht die einzige Erkrankung, die einen derart bunten Symptomregenbogen entstehen lassen kann. Gemeinsam mit CCI/AAI, doch hin und wieder auch solo tritt die Chiari-Malformation in Erscheinung. Grob umrissen versteht man darunter eine Verlagerung von Hirnmasse, genauer gesagt von Teilen des Kleinhirns, in den Rückenmarkskanal – wo Hirnmasse für gewöhnlich nicht vorkommen sollte. Das Gute: Eine Chiari-Malformation kann meist mittels CT oder (Upright-)MRT entlarvt werden. Die Therapie umfasst in der Regel eine operative Dekompression, also eine Druckminderung im Bereich des Rückenmarks durch Entfernung oder Erweiterung einengender knöcherner Strukturen.

Verlagerung des Kleinhirns bei einem Neugeborenen (Foto: Hellerhoff CC BY-SA 3.0)

Borreliose

Eine Gruppe bakterieller Infektionskrankheiten, die häufig durch Zeckenstiche ausgelöst wird, ist allseits bekannt als Borreliose. Die am häufigsten hier vorkommende Form dieser Erkrankung ist die Lyme-Borreliose. Vom Stich bis zum Ausbruch der Erkrankung können Monate vergehen, wodurch es manchmal schwierig ist, Borreliose als Ursache zu identifizieren – es sei denn, man gehört zu denjenigen, die eine klassische „Wanderröte“ (Erythema migrans) an der Einstichstelle ausprägen. Doch Achtung: Die „Wanderröte“ kann auch atypische Erscheinungen annehmen!

Zeckenstiche sollte man nicht unterschätzen. (Foto: Elionas – pixabay.com)

Die Symptome können sehr vielfältig sein, weshalb Ärzte diese Erkrankung gern mit einem Chamäleon vergleichen. Schon so mancher Patient, der seine Beschwerden einem Wirbelsäulenleiden zuschrieb, war am Ende überrascht, an Borreliose erkrankt zu sein. Eigentlich nicht verwunderlich, denn diese Infektionskrankheit kann ebenfalls das Nervensystem befallen und klassische (wenn man das überhaupt so formulieren sollte) CCI-Symptome auslösen. Man sollte allerdings wissen: Borreliose kommt selten allein. Das bedeutet, dass diese Erkrankung oftmals erst dann ausbricht, wenn der Organismus bereits schwer mit anderen Dingen (zum Beispiel einer Kopfgelenksinstabilität) zu kämpfen hat.

Eagle-Syndrom

Das Eagle-Syndrom wurde erstmals 1949 beschrieben. Wenn ein bestimmter Knochen an der Schädelbasis (der Processus styloideus) zu lang entwickelt ist, kann dieser wichtige Nerven und/oder Blutgefäße beeinträchtigen. Zu den Symptomen gehören:

  • Halsschmerzen
  • Schluckbeschwerden
  • Zungenkrämpfe
  • Nacken- und/oder Gesichtsschmerzen
  • Ohrenschmerzen
  • Tinnitus (verstärkt durch Kopfbewegungen und Kauen)
Hier sieht man den Griffelfortsatz. (Foto: Clker-Free-Vector-Images – pixabay.com)

Wichtige Strukturen, die sich in nächster Nähe befinden:

  • die innere Jugularvene, A. carotis interna
  • der Nervus glossopharyngeus
  • Nervus vagus
  • Nervus accessorius
  • Arteria occipitalis
  • Nervus hypoglossus
  • Nervus trigeminus

Tethered Cord

Tethered Cord heißt so viel wie „angeheftetes Rückenmark“ und umspannt alle Erkrankungen, bei denen das Rückenmark mit seinen Hüllen oder mit Gewebe der Umgebung verwachsen ist. Im Verlauf der vor- und nachgeburtlichen Entwicklung wandert das Rückenmark nach oben. Das kommt daher, dass das umliegende Gewebe des Spinalkanals schneller wächst als das Nervengewebe. Beim Tethered Cord ist das Rückenmark in der Wachstumsphase sozusagen daran gehindert, nach oben zu wandern, wodurch es zu Nervenschäden kommen kann – insbesondere bei Zugbelastungen.

Chirurgische Eingriffe sind in der Regel nur angezeigt, wenn ein Tethered Cord Symptome auslöst. Das können sein:

  • sensible Probleme
  • motorische Probleme
  • auffällige Fuß- und/oder Wirbelsäulenstellung
  • Spastik
  • Schmerzen
  • Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion

Liquorverlustsyndrom

Durch Hirnwasserverlust über ein Leck in der harten Hirnhaut verspüren Betroffene besonders in aufrechter Position Kopfschmerzsymptome (orthostatische Kopfschmerzen). Wie fühlt sich dieser Kopfschmerz an? Dr. Centeno, ein Spezialist für regenerative Medizin und Interventionelle Orthopädie aus den USA, beschreibt es so: „Stellen Sie sich einen Eiscreme-Kopfschmerz auf Steroiden vor und multiplizieren Sie das mit 20 – das ist es, was viele Patienten mit Durallecks erleben.“

Das kommt daher, dass durch den Verlust schützender Hirnflüssigkeit das Gehirn regelrecht nach unten rutscht (sagging of the brain). Dadurch wird Zug auf die umliegenden Hirnhäute und Gefäße ausgeübt. Schlimmstenfalls können Blutungen auftreten.
Eine Spontanheilung ist möglich, es kann jedoch auch zu einer Chronifizierung mit Beteiligung vegetativer Symptome kommen.

Katzenkratz-Krankheit

Es kommt womöglich selten vor, aber es kann durchaus passieren, dass eine Ansteckung mit Bartonella-Bakterien eine hEDS-Erkrankung imitiert und damit instabile Kopfgelenke verursacht. In diesem Fall wäre aber eine unkomplizierte Ausheilung möglich. Wie, was und wo? Das erfahrt ihr hier.


Centeno, C. J. (2021). Understanding Craniocervical Instability and the Road to Recovery. The Centeno-Schultz Clinic.


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