Monstersymptome, erst recht solche, mit denen sich Menschen mit instabilen Kopfgelenken tagtäglich herumärgern müssen, sind kein Pappenstiel. Sie kosten Energie, Zeit, Hoffnung, Perspektive und allerhand andere Existenzbausteine. Doppelt und dreifach schlagen demgegenüber Angst, Frust, Verzweiflung und Pessimismus zu Buche. Dadurch geraten viele von euch früher oder später ins Grübeln: Kann mich wirklich nur die Versteifungs-Op retten? Und wann weiß ich eigentlich, dass ich nicht mehr drumherum komme?


Was die Astro-TV-Neuronephroendokrinoradiologen sagen

Wie manche von euch wissen, meide ich Selbsthilfegruppen. Die ewigen Schlammschlachten um die Vorherrschaft selbsternannter Neuronephroendokrinoradiologen mit etlichen herbeiphantasierten Zusatzqualifikationen machen mich wirklich perplex, nicht zu vergessen dass diese Leute in Röntgenaufnahmen und dergleichen lesen als seien sie die Auserwählten von Astro-TV.

Ich finde, gewisse Grenzen sollten nicht überschritten werden – und das beinhaltet ebenso Zurückhaltung, wenn es um die Frage geht, ob jedem Wackelhals eine Operation blüht.
Angeblich kommt einer, der wirklich CCI hat, nicht drumherum. Und jeder, der drumherumgekommen ist, kann unmöglich CCI gehabt haben – so die Meinung vieler Betroffener/Neuronephroendokrinoradiologen.

Meine Wirklichkeit

Meine Meinung? Schaut euch meinen Blog an. Lest, wie es mir ging, als ich der Zombie unserer Familie war und nichts auf die Reihe bekam – abgesehen davon, tonnenschwerer Ballast auf den Schultern meines Mannes gewesen zu sein. In so einem Zustand lassen sich weder Kinder großziehen noch ein zehnminütiger Besuch im Supermarkt absolvieren. Der Gedanke an die Versteifungs-Op kam somit auch mir – zumindest als ich hin und wieder keine bessere Alternative erkennen konnte. Und dennoch: Heute bin ich gesund und gänzlich unversteift.

Natürlich habe ich meine Schlussfolgerungen daraus gezogen. Sie sind klar wie Kloßbrühe und lauten: Heilung ist jederzeit möglich, genauso wie es möglich ist, trotz lauter roter Kringel auf dem Laborzettel und einem absoluten „Vergessen Sie’s…“ Kinder zu bekommen. (Ihr erinnert euch: Uns wurde gesagt, wir könnten keine Kinder bekommen. Das kam für uns aber nicht in Frage, ergo quetschen sich jeden Morgen drei verkuschelte Konrad’sche Ableger zu uns ins Bett…) So simpel sieht meine Wirklichkeit aus, auch wenn ich damit vielleicht nicht die Mehrheitsmeinung repräsentiere oder den Einschlägen des Lebens genügend Respekt zolle. Aber das ist ja auch nicht das Ziel. Ich repräsentiere mich selbst, mich und meine Ansichten, die aus meinen persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen stammen. Für mich hat sich bewährt, einfach nach allem zu greifen, was mir hilft, glücklich zu sein – und ihr wisst, was jetzt kommt -, auch wenn ich dafür nackt ums Feuer tanzen muss.

Glück und Gesundheit sind einzigartig. (Bild: LokaDesigns – pixabay.com)

In meiner blumigen Naivität gehe ich also ganz selbstverständlich davon aus, dass so eine Versteifungs-Op umgangen werden kann, so wie alle düsteren Schicksale umgangen werden können, die uns irgendjemand weismachen will. Aber ich weiß natürlich, dass dies oft keine ausschließliche Frage des Wollens oder Nichtwollens ist. Man muss schon ein bisschen genauer in sich hineinhören und sich dabei folgender Tatsache ganz bewusst sein: Jeder von uns ist einzigartig und muss deshalb auch auf einzigartige Weise einzigartige Wege zu seinem ganz einzigartigen Glück und seiner einzigartigen Gesundheit finden. Für manche geht das eben tatsächlich nur über so eine Op. Ein generelles Muss sehe ich dabei aber definitiv nicht.

Vielleicht hilft es noch mehr, wenn wir andernorts auf Antwortsuche gehen. Denn für die Beantwortung der Frage „Wann ist es Zeit für die Op?“ bin ich als Nicht-Operierte gänzlich unqualifiziert. Also, wer von euch ist seekrank? 😀

See sick

Kennt ihr Grace und ihren Blog see sick? Nicht? Dann wird’s aber Zeit!

Für alle, die es nicht so mit Englisch haben, gebe ich mal eine kleine Vorstellung:

Grace ist eine ganz wundervolle junge Frau, die unglücklicherweise an EDS (Ehlers-Danlos-Syndrom) und einem damit verbundenen Rattenschwanz verschiedener Erkrankungen leidet – darunter auch CCI. Ihr Blog namens „see sick“ beschäftigt sich demnach vor allem mit Themen rund um ihren gesundheitlichen Zustand sowie Chancen und Schwierigkeiten, die damit verknüpft sind.

Zwischen Gedankenspielereien, kritischen Zeilen über die medizinische Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen und Gift-Guides für chronisch Kranke sticht ein Eintrag meiner Meinung nach besonders hervor. Er heißt (sinngemäß übersetzt): Warum ich mich für einen neurochirurgischen Eingriff „entschieden“ habe.

Wenn es soweit ist

Grace beschreibt zu Beginn dieses Beitrags eine Situation im Wartezimmer eines Neurochirurgen. Im Beisein einiger Patienten, denen sie angesehen haben musste, durch wie viel Leid sie bereits gegangen waren, kann sie eine bestimmte Frage nicht länger für sich behalten:
„Wie weiß man denn, wann eine Operation die richtige Entscheidung ist?“, erkundigt sie sich und entblößt mit einem Schlag die geballte Sorgenlandschaft vieler, wenn nicht sogar aller Wackelhälse.
„Oh, vertrau mir“, lautet die Antwort der Anwesenden, „du wirst es wissen, wenn es soweit ist.“

„Wenn“ es soweit ist…

Sagt irgendwie nichts aus und erschlägt einen zugleich mit einer angsteinflößenden Gewissheit, die als finsteres Gebot daherkommt, findet ihr nicht? Dass dieser gefürchtete Moment, in dem einem klar wird, dass ab jetzt alles Bisherige in diesen einen letzten Ausweg mündet, früher oder später da sein wird. Ich weiß nicht… Ich weiß nicht, ob ich an Grace‘ Stelle riskiert hätte, solch einen Hammerschlag als Antwort zu bekommen.

Grace‘ Aha-Moment

Irgendwann war auch Grace reif für die Operation. Ihren persönlichen Aha-Moment beschreibt sie als eine Art Eingebung, die nicht ausschließlich etwas mit der Abwärtsentwicklung ihrer Symptomatik zu tun hatte. Grace erklärt:

„[…] man muss nicht den absoluten Tiefpunkt erreicht haben, um zu wissen, dass es Zeit für eine Behandlung ist. Man kann auf dem Weg dorthin sein oder man kann versuchen, diesen Punkt zu vermeiden. Der richtige Zeitpunkt ist das, was sich für dich richtig anfühlt, nicht das, was für jemand anderen richtig war.“

Amen, würde ich sagen und damit für heute schließen. Wenn euch Grace‘ Geschichte interessiert, schmökert aber ruhig mal durch ihren Blog und holt euch ein bisschen Inspiration. Viel Spaß dabei!