Letztes Jahr, noch mitten in der Schwangerschaft, beschloss ich, meine Trägheit und Abneigung in Bezug auf Arztbesuche ausnahmsweise zu überwinden. Für the one and only Dr. Kuklinski geht sowas schon mal. Und nun bin ich hier am Meer.


Wer kennt ihn nicht?

Manchmal denke ich, Dr. Kuklinski muss niemandem mehr vorgestellt werden. Wer kennt ihn nicht? Aber da das große Ehlers-Danlos-Syndrom- und Wackelhals-Universum leider stetig Neuzugänge zu verbuchen hat, sollte ich mit der Ursuppe auf keinen Fall geizen. So here we go: Dr. Bodo Kuklinski ist Facharzt für innere Medizin, Umwelt- und Nährstoffmedizin, ehemaliger Chefarzt der inneren Medizin in Rostock, Leiter des Diagnostik- und Therapiezentrums für Umweltmedizin in Rostock und spezialisiert auf: Stoffwechsel/Endokrinologie, Onkologie, Geriatrie, Gastroenterologie, Intensivtherapie, Ernährung, Vitamin- und Spurenelementenhaushalt, oxidativer Stress, Umweltmedizinische Diagnostik und Therapie. Wenn einer weiß, was Wackelhälse brauchen (und was nicht), konsultiert diesen Mann. Oder lest zumindest seine Bücher. Die sind wirklich erleuchtend. Ihr wollt nun aber vor allem wissen, wie mein Besuch aussah, stimmt’s?

Kokolores

Eines vorweg: Wer sich Rat von Dr. Kuklinski wünscht, braucht ein bisschen Glück, um einen Termin bei ihm zu bekommen. Er behandelt Wackelhälse, Menschen mit allen nur denkbaren Multisystemerkrankungen, Menschen, die nach der Coronaimpfung schwer erkrankt sind und ebenso Menschen, die nach einer Versteifungsoperation der Wirbelsäule – das schließt die Kopfgelenke mit ein – die eine oder andere Schraube locker haben (was tragischerweise nicht metaphorisch zu verstehen ist). Ergo: Sein Terminkalender platzt aus allen Nähten.

Wenn diese Hürde aber erst einmal genommen wurde, ist alles easy. Die liebe Praxishelferin vergibt zwei ausgedehnte Termine für zwei aufeinanderfolgende Tage. Das bedeutet zwei Stunden Anamneseerhebung (erster Tag) und eine Stunde Erklärung sowie Besprechung der Therapieplanung. Falls nötig, gibt’s auch noch Empfehlungen für weitere Untersuchungen (Tag zwei). Kostenpunkt: 300 Euro, zahlbar via Rechnung.

Und jetzt gibt’s, wie ihr es von mir kennt, einen hinreißenden Bericht. 😜

Erster Tag – strenge Linien

Zu meinem großen Glück habe ich einen wirklich lieben und fürsorglichen Ehemann, verständnisvolle und tapfere Kinder und Schwiegereltern, die bei Bedarf parat stehen. Schul- und Kindergartenalltag konnten also weiterplätschern, während wir mit Babymaus im Schlepptau Richtung Meer fuhren. Und das bedeutete mit Pausen immerhin mehr als fünf Stunden Autobahn. Keine Wonne für ein Baby mit Fahraversion – doch Anne war großartig!

In Rostock angekommen, ging es erstmal ans Meer, Kraft tanken und erden. Der Termin mit Dr. Kuklinski stand erst für den nächsten Tag an, somit hatte ich genug Zeit, meine mitgebrachten Unterlagen zu sortieren und nervös zu werden. Der nächste Tag brach an, und plötzlich, als hätte mich jemand hingebeamt, stand ich in Dr. Kuklinskis Praxis.

Hier versteckt er sich. 🙂 (Bild: wirbelwirrwarr)

Erster Eindruck

Dr. Kuklinski ist, wie ich erwartet hatte, ein hochkonzentrierter und streng systematisch arbeitender, aber auch ungeduldiger Arzt. Das muss er auch, schließlich tummelt sich unheimlich viel Wissen in seinem Kopf, was nur geordnet zur Anwendung gebracht werden kann, denke ich. Wenn man seine mit hunderten Fachbüchern und kilometerhohen Papierstapeln vollgepfropften Wartezimmerregale als Spiegelbild seiner Erfahrung betrachten möchte, schon eine Meisterleistung. In mein Gehirn passt nicht mal das simple Vorhaben, etwas zu notieren, damit ich es nicht vergesse – eben weil ich es vorher vergesse.

Feste Konzepte können da natürlich hilfreich sein. Allerdings lässt sowas nicht viel Platz für Ausschweifungen oder den Austausch warmer Worte.

Schon als mein Mann und ich mit Baby im Schlepptau Dr. Kuklinskis Zimmer betraten, gab es lediglich eine knappgehaltene Begrüßung, gefolgt von der Anweisung, dass wir uns setzen sollten. Mein Versuch, etwas auszuholen, um ein möglichst rundes Bild meiner Problematik zu konstruieren, wurde direkt mit einem genervten „Beschweeerdeen!“ unterbrochen – passte für mich aber. Ab diesem Moment hatte ich beinahe zwei Stunden nichts anderes zu tun als Fragen größtenteils mit Ja oder Nein zu beantworten. Eigentlich nicht der Rede wert, trotzdem fühlte ich mich ein bisschen wie in einer mündlichen Prüfung und habe dementsprechend vermutlich die meiste Zeit Kokolores erzählt. Dr. Kuklinski schrieb alles fleißig mit Füller mit.

Gegenwind

Ich als Durcheinander auf zwei Beinen begreife das Leben nicht als die schnurgerade Linie, an der Dr. Kuklinski sich in unserem Gespräch vehement entlanghangelte. Das und sein grüblerisches Nuscheln ließen uns oft aneinander vorbeireden, mich oft nachhaken und ihn daraufhin mit dem Kopf schütteln. Von der Perspektive meines Mannes muss das witzig ausgesehen haben. Aber auch ich nahm es mit Humor, denn ich wusste, mir gegenüber sitzt jemand, der bereits eine Menge Gegenwind erfahren haben muss. Sowas macht mürrisch. Aber es verbindet auch.

Die Art Gegenwind lässt sich leichter verkraften. (Bild: wirbelwirrwarr)

Eine Petrischale

Jedenfalls ist Dr. Kuklinski der Meinung, dass ich das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) habe und davon den hypermobilen Typ (hEDS). Ob ich das annehmen werde, unabhängig davon, ob er Recht hat oder nicht, muss ich mir noch überlegen. Denn eine Krankheit anzunehmen bedeutet auch, Erwartungen an sie zu entwickeln. Und Erwartungen sind im Grunde nichts anderes als eine Petrischale.

Impfungen

Spannend, auch wenn ich das schon wusste: Von Impfungen hält Dr. Kuklinski nichts. Nicht generell, aber die Mehrzahl der Impfstoffe gefällt ihm als Umweltmediziner anscheinend nicht. Kann ich gut verstehen, auch unabhängig davon, dass ich fachlich keinen Dunst davon habe. Man muss sich ja nur mal angucken, wie Impfaufklärung heutzutage aussieht: „Nehmen Sie sich die Broschüre mit!“ Und was steht da drin – oh Wunder? Nur Positives. Aber wie soll jemand damit eine wirklich aufgeklärte Entscheidung treffen können?

Weitermachen

Dass ich so wenig trinke – zumindest verglichen mit der üblichen ärztlichen Empfehlung von zwei bis drei Litern pro Tag – fand er dufte. Ich soll weiter auf meinen Körper hören, denn wer viel trinkt, verliert auch viel Eiweiß über die Nieren.

Nun erstmal weiter zum nächsten Treffen.

Tag 2

Schon am nächsten Tag, von der Uhrzeit her allerdings etwas früher, ging es weiter. Diesmal war Dr. Kuklinski wesentlich entspannter, zugänglicher und überraschend herzlich.

Er äußerte zunächst seine Verwunderung darüber, dass ich es fertiggebracht hatte, mein Upright-MRT von der Krankenkasse übernehmen zu lassen. Danach begann er, unter Zuhilfenahme bestimmter Abbildungen, ausführlich zu erklären, was eine Genickinstabilität ist und was sie bedeutet – für mich erstmal unspektakulär, da ich vieles schon wusste. Nach und nach gab Dr. Kuklinski aber auch wertvolle und gut umsetzbare Tipps preis und betonte immer wieder die Wichtigkeit, Betroffene und Menschen mit anderen Beschwerdebildern an solchen kleinen, aber sehr effektiven Vorgehensweisen teilhaben zu lassen. Das muss man mir ja nicht zweimal sagen. Schaut also unbedingt immer mal hier im Blog vorbei, damit auch ihr davon profitieren könnt.

Harte Schale, weicher Kern

Vermutlich klingt es kitschig, wenn ich das Folgende schreibe. Aber ich mach es trotzdem: In Momenten, in denen Dr. Kuklinski die leider allzu oft ungesehene Ernte all seiner Bemühungen und Erfahrungen vor uns ausbreitete, ließen ihn regelrecht leuchten. Aber so war es und deshalb glaube ich: Dieser Mann ist hinter seiner strengen Fassade aus Wissen und einem meterdicken Panzer gegen Missgunst, Ignoranz und Blindheit unbeschreiblich lieb und vor allem gütig. Aber auch traurig und wütend, weil er sieht, was mit den Menschen gemacht wird in unserem Gesundheitswesen – wider besseren Wissens. Ja, das Wissen ist da. Doch es wird ignoriert, beschmunzelt und abgetan.

Mürrisch und mürbe

Man muss sich vorstellen: Für den Einsatz zum Schutz seiner Patienten während der Coronakrise wurde Dr. Kuklinski, ein hochqualifizierter Spezialist, mehrfach belangt, weil sein Handeln und Denken nicht mit den herrschenden Leitlinien übereinstimmten. Wir alle wissen, wie frustrierend es sein kann, Recht zu haben und dennoch nicht ernstgenommen zu werden. Sowas macht gewiss mürrisch, vor allem aber mürbe. Und das lässt sich verzeihen.

Bauchgefühl

Wenn es da nicht etwas Bestimmtes gäbe, was Dr. Kuklinski stets heiter werden lässt, wäre sein Durchhaltevermögen vermutlich längst erschöpft: Wenn seine Patienten auf ihr Bauchgefühl anstatt auf Ärzte hören, die offenkundig keine Ahnung haben. Denn das Bauchgefühl ist ein verdammt kompetenter Ratgeber – auch wenn es nicht mit schicken lateinischen Begriffen um sich wedeln kann. Doch was nützt die schon, wenn sie in keinen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden können. Prahlerei heilt niemanden.

Alphafrau

Auch ich bin ein Bauchmensch und Dr. Kuklinski erkannte das. Als er nachhakte, wie ich überhaupt zu all meinen Befunden gekommen bin, antwortete ich: „Alleine“ – sodass er nochmals fragen musste: „Niemand hat sie hingeschickt?“

Ab diesem Moment nannte er mich nur noch „Alphafrau“. Meinem Mann gab er mit auf den Weg, sich damit arrangieren zu müssen, eine Partnerin zu haben, die einen sehr ausgeprägten Detektor für Ungerechtigkeiten besitzt. Man(n) müsse dann einfach nicken.

Nein wirklich, Dr. Kuklinski ist schwer in Ordnung. Ich bin sehr froh, ihm begegnet zu sein und würde es immer wieder tun. Wenn ihr demnächst bei ihm seid: Nicht erschrecken, er ist zwar gepanzert, aber ein zutiefst guter Mensch.

Seine Schlussworte sollen nun die meinen sein: „Es tut sich nichts von oben. Aufklärung muss von unten kommen, von den Betroffenen.“

Die „Alphafrau“. (Bild: wirbelwirrwarr)