Nahrungsergänzungsmittel (NEM) gibt es in allen Formen und Farben. Man begegnet ihnen sowohl in Apotheken, im Internet als auch in Drogerien, wo sie oft stapelweise in den Regalen stehen. Da noch den Überblick zu bewahren, ist eine gespenstische Herausforderung, besonders was die Frage nach der Qualität betrifft. Zum Glück hat Gott Inhaltsstofflisten erfunden, wo wir gut nachlesen können, was im Präparat unserer Wahl drin ist. Nur… was bedeuten all diese gruseligen Begriffe eigentlich? Findet`s raus – wenn ihr euch traut. O.o


NEM und ihre Vielfalt

Schauen wir uns erstmal an, was NEM eigentlich sind – oder sein können. Da haben wir:

  • Vitamine (C, D, K usw.)
  • Mineralstoffe (Zink, Selen, Kalium usw.)
  • Aminosäuren
  • essentielle Fettsäuren wie Omega 3-Fettsäuren
  • Ballaststoffe
  • Pflanzen- und Kräuterextrakte
  • sonstiges (Algen, probiotische Kulturen usw.)

All sowas gibt es frei zu kaufen, da NEM im Grunde zu den Lebensmitteln gezählt werden. Naja, es sei denn jedenfalls, sie gelten als Arzeimittel. Kann auch passieren, nämlich dann, wenn Studien existieren, die für den Zweck einer Behandlung eine klinische Wirkung nachgewiesen haben. Dann können NEM auch Arzneimittel sein. Aber: Ein bestimmtes Vitamin-E-Produkt, welches eine Arzneimittelzulassung hat, trägt diese nicht stellvertretend für alle anderen Vitamin-E-Produkte.
Spannend ist dieser Aspekt bei der sehr oft aufkommenden Frage, ob Präparate aus der Apotheke womöglich „besser“ sind als solche von Online-Shops oder aus der Drogerie. Damit verhält es sich so: In der Apotheke gibt es Arznei, die rezeptpflichtig sein kann oder frei verkäuflich. Oder es gibt NEM, mit und ohne Arzneimittelzulassung. Nicht apothekenpflichtige Präparate findet man somit mitunter auch in der Drogerie oder im Internet, und das ist erstmal nicht schlechter als würden sie im Apothekenregal stehen. Worauf es wirklich ankommt, erfahrt ihr im Folgenden.

Die gefürchtete Liste der gefürchteten Zusatzstoffe

Ob in Pulvern, Pillen oder Kapseln, zusätzlich zu den gefragten Wirkstoffen können allerhand Präparate mit gesundheitsschädigenden Zusatzstoffen angereichert sein. Dies sind zum Beispiel Farbstoffe, Süßstoffe, Verdickungsmittel oder künstliche Antioxidantien. Einiges davon wurde innerhalb der EU bereits verboten, was jedoch leider nicht bedeutet, dass sich Hersteller (besonders außerhalb der EU) auch daran halten.

Für Instabilos, deren Stoffwechsel besonders empfindlich auf Schadstoffe reagiert, ist es deshalb sehr wichtig zu wissen, welche NEM sie bedenkenlos einnehmen können und wovon sie lieber die Finger lassen sollten.

Ob ein Produkt riskante Inhaltsstoffe enthält, lässt sich zum Glück mit einem Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe überprüfen. Wenn diese nur nicht so kryptisch wäre, oder? Alles versteckt sich hinter kompliziert klingenden und noch schwieriger auszusprechenden Bezeichnungen. Aber hey, wofür habt ihr mich? 😉

Um die Einfachheit zu wahren, gibt’s hier nun ohne viel Drumherum (und passend zu Halloween) Die gefürchtete Liste der gefürchteten Zusatzstoffe.

Azofarbstoffe (müssen in der EU mit dem Warnhinweis „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen“ gekennzeichnet werden)– E 102
E 104 (Chinolingelb; verboten in den USA, Japan und Norwegen)
E 110 (Gelborange S)
E 122 (Azorubin; Carmoisin)
– E 123 (Amaranth)
E 124 A (Chochenillerot A)
– E 127 (Erythrosin)
E 129 (Allurarot AC; verboten in Dänemark, Schweden, Belgien, Frankreich und der Schweiz)
E 142 (Grün S; verboten in USA, Kanada, Japan und Norwegen)
E 150C (Ammoniak-Zuckerkulör; lieber nicht zu viel davon)
E151 (Brillantschwarz BN)
– E154 (Braun FK)
E155 (Braun HT)
Süßstoffe – E 950 (Aesulfam)
– E 951 (Aspartam)
– E 952 (Cyclamat)
– E 954 (Saccharin)

Aluminium– E 554 (Natriumaluminiumsilikat)
– E 555
künstliche Antioxidantien – E 321 (Butylhydroxyltoulol)
(Phosphatverbindungen; kommen überall vor, werden aber durch Das Deutsche Ärzteblatt als „vermeidbares Gesundheitsproblem von bislang unterschätztem Ausmaß“ bezeichnet:)
– E 338 bis E 341
– E 450 bis E 452
– E 540
– E 543
– E 544
– E512 (Zinn-II-Chlorid)
Konservierungsmittel (durch die Einnahme mehrerer Nahrungsergänzungsmittel kann es leicht zu einer Überschreitung der empfohlenen maximalen täglichen Verzehrmenge von 5 Milligramm je Kilo Körpergewicht kommen)– E 214
– E 219
– E 200
– E 202
– E 203
– E 210, E 211 bis E 213 (Benzoesäure und ihre Salze; die Wechselwirkung zwischen Benzoesäure und Ascorbinsäure/Vitamin C (E 300) lässt krebserregendes Benzol entstehen)
– E 213
– E 220 (Schwefeldioxid; zerstört das B1-Vitamin Thiamin, welches an verschiedenen Nervenfunktionen beteiligt ist.)
– E 221 bis E 224
– E 226 bis 228
(E 200 und E 210 sind besonders für Asthmatiker und Menschen mit einer Unverträglichkeit gegen Aspirin oder Salicylsäure – sehr verbreitet unter Instabilos – heikel)
– E231 (Orthophenylphenol)
– E233 (Natriumorthophenylphenolat)
– E 235 (Natamycin; fungiert auch als Antibiotikum)
E 239 (Hexamethylentetramin)
– E 280 bis 283 (Propionsäure und ihre Salze)
– E 284 (Borsäure)
– E 285 (Borax)
– E385 (Calcium-dinatrium-ethylen-diamin-tetraacetat)
Verdickungsmittel (grundsätzlich zwar unbedenklich, aber doch erwähnenswert, da diese oft aus genetisch veränderten Pflanzen gewonnen werden)– Maisstärke
– Weizenstärke
– Kartoffelstärke
Nitrate– E 251
– E 252
Nanopartikel (sind so einzig klein, dass sie problemlos in unsere Zellen eindringen und dort Schaden anrichten können)– E 171 (Titanoxid; macht Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel schön glänzend, wurde in Frankreich 2020 verboten)
Sonstiges– E 999 (Quillaja-Extrakt)
– E 407 (Carrageen)
Verbraucherzentralen raten vom Verzehr großer Mengen ab.

Die guten Zusätze

Wer sich nun fragt, ob angesichts dieser Schreckensliste überhaupt noch unbedenkliche Zusätze existieren, darf aufatmen: Ja, es gibt sie noch:

Farbstoffe/Farbstabilisatoren– E 131 (Patentblau V)
– E 150 B (Sulfitlaugen-Zuckerkulör)
– E 586 (4-Hexylresorcin)
Konservierungsstoffe– E 261 bis E 263 (Kalium-, Natrium- und Calciumacetat)
– E 270 (Milchsäure)
– E 290 (Kohlendioxid)
– E 296 (Apfelsäure)
– E 297 (Fumarsäure)
-> kommt alles in der Natur vor und wird vom menschlichen Organismus verstoffwechselt.
Füllstoffe, Überzugmittel– E 460 (Mikrokristalline Cellulose)
– E 464 (Hydroxypropylmethylcellulose; für die Kapseln)
– E Wasser.
Sonstiges (Säurungsmittel, Geschmacksverstärker…)– E 297 (Fumarsäure)
– E 356 (Natriumadipat)
– E 503 (Ammonium(hydrogen)carbonat)
– E 513 (Schwefelsäure)
– E 907 (Hydriertes Poly-1-decen)
– E 1505 (Triethylcitrat)

Hier nochmal die entschlüsselte Version der ganzen komischen E-Nummern. Im Zweifel achtet man beim Kauf eines NEM einfach darauf, eines mit möglichst wenigen E-Nummern auszusuchen.

Was zeugt ansonsten von Qualität – oder eben keiner?

Abgesehen von kryptischen E-Nummern gibt es noch mehr, was einem Aufschluss über die Qualität eines NEM geben kann. Hier ein paar Inspirationspunkte, die ihr vielleicht auch schon im Beitrag über das richtige B12-Präparat gelesen habt:

  • Wo kommt das Nahrungsergänzungsmittel her? Bevorzugt werden sollten Präparate aus deutscher Herstellung oder einem anderen Land mit hohen Sicherheits- und Qualitätsanforderungen.
  • Hat der Hersteller eine Webseite und eigenen Web-Shop?
  • Wird das Nahrungsergänzungsmittel nach Qualitätsrichtlinen hergestellt? Haltet Ausschau nach Siegeln wie HACCP, TÜV, BIO-Siegel oder DIN Normen.
  • Bietet der Hersteller einen echten Kundensupport an und antwortet auf Nachfragen? Viele Produzenten stellen Nahrungsergänzungsmittel nicht aus gutmütigen Gründen her, sondern nur für den Profit. Folglich wird auch kein Wert darauf gelegt, seine Kundschaft zu beraten oder Hilfestellungen anzubieten. Achtet also unbedingt darauf, woher ihr eure Produkte bezieht.
  • Gibt es unabhängige Labortests zu den Produkten?

Damit es auch wirkt

Und was ist mit der Wirkung? Geht das einfach so oder brauchts da was von Ratio… Ja, ich weiß, der Witz ist langsam ausgelutscht. Trotzdem werfen wir mal lieber einen kurzen Blick auf die Frage: Wie muss ein NEM eingesetzt werden, um eine positive Wirkung zu entfalten bzw. negative Wirkungen zu vermeiden? Warum diese Frage so wichtig ist, könnt ihr an folgenden Beispielen erkennen:

Zusammenspiel

  • Fettlösliche Vitamine (A, D, E, K) benötigen für die Resorption Fette und Öle.
  • Fette sind allerdings eher hinderlich für die Kalzium- und Magnesiumresorption.
  • Eisen sollte zusammen mit Vitamin C eingenommen werden, da Vitamin C die Eisenresorption fördert.
  • In einem Eisen-Präparat sollten aber keine Phosphate enthalten sein, da sie die Eisen-, Kalzium- und Magnesiumresorption drosseln
  • Eisen in Kombination mit Calcium, Magnesium und Zink führt dazu, dass sie sich gegenseitig aus der Oxidationsstufe verdrängen.
  • Folsäure niemals mit Zink kombinieren, da sie dessen Aufnahme verhindert.
  • Selen und Vitamin C in einem Präparat schwächen sich gegenseitig.
  • Vitamin D sollte mit Magnesium eingenommen werden, da ohne Magnesium die Vitamin-D-Synthese nicht gut funktioniert.
  • Zu viel Kupfer blockiert die Wirkung von Zink; zu viel Zink verursacht Eisen- und Kupfermangel.
  • Zink senkt Vitamin B6, B6 senkt Zink.
  • Magnesium und Kalzium konkurrieren, sollten also getrennt eingenommen werden.
Wenn sich alle Mikronährstoffe im Körper vertragen… (Foto: anaterate – pixabay.com)

Wechselspiel

Wir sind uns einig, dass diese Liste noch einige Kilometer weiter geführt werden könnte. Vielleicht mache ich das auch, aber in einem anderen Beitrag. Für jetzt halten wir erstmal einen weiteren wichtigen Punkt fest, den jeder im Kopf haben sollte, der mit NEM hantiert: Nicht nur NEM und NEM, sondern auch Medikamente und NEM können wechselwirken, wie zum Beispiel Vitamin K oder Omega-3-Fettsäuren und einige blutverdünnende Medikamente. Vor dem Kauf und erst recht vor dem Verzehr eines NEM solltet ihr also stets prüfen, welchen Einfluss dieses auf die Wirkung eurer Medikamente haben könnte und natürlich auch umgekehrt: Welchen Einfluss hat das Medikament auf die Wirkung des NEM?

An dieser Stelle auch gleich noch eine Empfehlung: Dr. Kuklinskis Fachartikel „Zur Gefährlichkeit` von Vitaminen und Mikronährstoffen“. Hier gibt`s auch gleich Input in Bezug auf die Dosierung (denn da halt ich mich wie immer raus).

Der Zeitpunkt

NEM gut organisiert einzusetzen, ist wahrlich komplizierter als sie in den Einkaufswagen zu schmeißen, was? Und es kommt noch dicker! Neben Zusammenspiel und Wechselwirkungen muss auch noch darauf geachtet werden, wann NEM eingenommen werden müssen, damit sie tun, was sie tun sollen. Denn die Resorptionsmöglichkeiten des Körpers haben Grenzen. Es ist somit manchmal ratsam, manche NEM nicht auf einen Schlag einzunehmen, sondern über den Tag zu verteilen, wie bei Vitamin C und Magnesium. Die Frage, ob die Einnahme lieber morgens, mittags oder abends erfolgen sollte, richtet sich ferner danach, ob das entsprechende NEM zu einer dieser Zeiten besonders ungeschickt oder geschickt wäre. Hochdosierte Vitamin-B-Komplexe zum Beispiel putschen auf, sind vor dem Zubettgehen also zu vermeiden, da sie Schlafstörungen verursachen können. Anders bei Vitamin C und Magnesium, denn diese wirken eher beruhigend. Grundsätzlich gilt aber: Tagsüber läuft der Stoffwechsel auf Hochtouren, kann NEM also auch umso besser verarbeiten.

Ende Gelände

Wenn ihr es bis hier her geschafft habt, Respekt! Nicht Viele schaffen es, sich solch garstigen Listen und Buchstabenexplosionen längere Zeit auszusetzen, ohne durchzudrehen. Aber wer weiß, vielleicht verfolgen sie euch heute in den Schlaf… O.o Denkt, während ihr euch unter der Bettdecke versteckt, aber bitte immer daran: NEM sind kein Nahrungsersatz, sondern eine Ergänzung! Wer die Absicht hat, NEM für die Eigenbehandlung diverser Wehwehchen einzusetzen, bekommt an dieser Stelle obendrein den Rat: Geht vorher bitte zum Onkel Doktor.

Happy Halloween!


Foto: Bruno/Germany – pixabay.com


Schmiedel, V. (2014). QuickStart Nährstofftherapie. Haug.