Vorgestern, mal wieeeder: ein kleiner Schub. Nachdem ich zwei Tage mit Schniefnase durch die Welt geeiert bin. Nicht dass ihr glaubt, sowas gibt’s bei mir nicht mehr.
Diesmal weiß ich gar nicht so genau, weshalb er kam, der Schubidu. Nachwehen der Erkältung oder reiner Zufall? Schubidu klingt jedenfalls lustig, oder? Zumindest weniger bedrohlich. Bedrohungen gibt es dieser Tage ja nun wirklich genug.
Wir sind alle aggressiv
Jedenfalls war dieser einer, der mich regelrecht spüren ließ, dass mein Hirn nach mehr Blut japste. Meine Wahrnehmung wurde kleiner und zugleich filterloser. Doch hinzu kam ebenfalls etwas, was bei ausnahmslos allen meiner Schubidus sofort oder nach einiger Zeit in Erscheinung tritt: Aggressivität.
Böses Wort, ich weiß. Aggressivität ist eines dieser mächtigen Tabuthemen, über die man lieber nicht redet. Aggressive, das sind schließlich die, die im Knast hocken oder ihre Frauen schlagen. Mit denen hat man als gut erzogener Mensch nichts zu tun. Aber ich muss euch enttäuschen: Wir alle sind zu jeder Zeit ein gewisses Maß aggressiv. Die einen haben insgesamt einen höheren Pegel, andere einen eher niedrigen. Wichtig ist, dass Aggressivität und aggressives Verhalten (Aggression) zwei verschiedene Paar Schuhe darstellen, und nochmal etwas ganz anderes ist Gewalt (Liu et al., 2004).
Chronisch Kranke sind bedeutend öfter aggressiv(er) (e.g. Borge, 2004; Moffitt, 1993). Sie müssen schließlich einiges wegstecken: ihre Krankheit, ihren Alltag, der oftmals nicht so richtig flutschen will, Ziele, die mit der Zeit unerreichbarer werden usw. Aber ich möchte hier nicht aus meiner bequemen Unstrukturiertheit ausbrechen und wissenschaftlich werden. Nehmt die Quellennachweise einfach als Gelegenheit, tiefer ins Thema einzusteigen – oder lasst es einfach. Was Wissenschaft – gerade im Bereich Psychologie – heute in etwas geschwollener Form zu Papier bringt, ist doch mitunter längst Teil des gesunden Menschenverstandes.
Im Zweifel ist immer der Wecker schuld
Jedenfalls sieht meine Aggressivität so aus, dass ich stärker dazu neige, meinen Wecker gegen die Wand zu klatschen. Wecker bieten sich für sowas einfach an. An ihnen haftet schließlich die größte Schuld, die sich ein Gegenstand einbrocken kann: Sie rauben mir den Schlaf.
Nun ist es zwar so, dass ich eigentlich von meinem Smartphone geweckt, beziehungsweise sogar von ganz allein wach werde, weil meine innere Uhr dieser unsanften Weckart dankenswerterweise zuvorkommt, aber – trotzdem! Der Wecker, nicht mein liebes Smartphone, hats ganz einfach verdient!
Aber nein, ich schmeiße nicht regelmäßig Wecker gegen die Wand. Es reicht mir schon zu wissen, dass der Wecker weiß, dass ich es könnte! Besser als unkontrolliertes Wüten, finde ich. Besonders wenn unsere Kinder in der Nähe sind und womöglich zur Zielscheibe werden könnten. Klar, sowas passiert manchmal. Ich reagiere dann nicht gelassen, sondern stachelig. Doch echte Gewalt hat bisher immer nur der Wecker abbekommen. Meist verbal, in seltenen Fällen physisch. Mein derzeitiger Wecker ist immerhin schon so alt wie unsere Tochter, was bedeutet, dass er sich schon seit acht Jahren meine Entladungen gefallen lassen muss. Ich befürchte, eines Tages wird er es mir heimzahlen.
Wo ist jetzt der rote Faden?
Stellt sich nun allerdings die Frage, womit ich diesen Beitrag eigentlich begonnen habe – muss mal scrollen. Ach ja, ich war bei meinem Schubidu, eigentlich ganz unspektakulär. Es reichte eine Nacht Schlaf und ich war wieder hergestellt. Wobei die tagelange Müdigkeit, die vor meiner Erkältung auftauchte, nicht unerwähnt bleiben sollte. Ich schiebe das auf die Ausschabung Ende Mai. Vollnarkose ist eben nicht ohne. Und ich muss zugeben: Ich war in letzter Zeit etwas schludrig, was die Einnahme meiner Vitamine und Mineralien betrifft. Schande auf mein geknicktes Haupt.
Borge, A. I. H., Wefring, K. W., Lie, K. K., Nordhagen, R. (2004). Chronic illness and aggressive behaviour: A population-based study of 4-year-olds, European Journal of Developmental Psychology, 1 (1), 19-29, http://doi.org/10.1080/17405620344000004
Liu, J., Lewis, G., Evans, L. (2004). Understanding aggressive behaviour across the lifespan. Psychiatric Mental Health Nursing, 20 (2), 156-68. http://doi.org/10.1111/j.1365-2850.2012.01902.x
Moffitt, T. (1993). Adolescence-limited and life-course persistent antisocial behaviour: A developmental taxonomy. Psychological Review, 100 (4), 674 – 701
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