Gestern auf meiner (aus reiner Schusseligkeit nötig gewordenen) zweiten Tour durch einen Supermarkt schwappte die vorweihnachtliche Hektik meiner Mitmenschen offenbar auf mich über. Als ich vor den Äpfeln stand, überraschte mich nach langer Zeit wieder Drehschwindel. „Na prima“, dachte ich, „wenn jetzt auch noch die Kassen überfüllt sind, muss ich das wohl auf ein drittes Mal vertagen …“


Es wäre schöner, wenn es anders wäre, aber es ist eben, wie es ist. Obwohl ich mich die meiste Zeit akzeptabel fühle, weiß ich um die überraschenden, attentatähnlichen Überfälle meiner Symptome. Der letzte gigantöse Ausbruch ereilte mich vor etwa einem Jahr, ziemlich genau um die Weihnachtszeit herum. Die Vorhut bildeten Gehirnstromblitze (so jedenfalls meine Umschreibung), die sich wie eine Mischung aus Krampf und eingetrübte Wahrnehmung anfühlen. Wenige Wochen später, während einer Zugfahrt und eines anschließenden Bummels durch Erfurt, zwang mich mein Körper schließlich in die Knie.

„Du siehst aus, als würdest du sterben“, stellte mein Mann damals fest, während er versuchte, unsere Kinder davon abzuhalten, von den kaufberauschten Menschenmassen zertreten zu werden. „Wir haben aber Hunger!“, nörgelten die zwei Rabauken, was mir am Rande auch sehr leid tat. Doch um ehrlich zu sein hatte ich nur eines im Sinn: Schnell wieder zurück nach Hause, um dort, jedenfalls bloß nicht in einem Einkaufszentrum, das Zeitliche zu segnen!

Mit zwei Brezeln war das Seelenheil unserer Kinder vorerst wieder hergestellt. Während wir alle auf einer Plattform hockten und die beiden aßen, fieberte ich wie verrückt der Rückreise entgegen, vor allem aber der Rückkehr in den Geh-Modus, damit es endlich wieder möglich war, mein in Bedrängnis geratenes Rückenmark zu entlasten. Klar, ich hätte auch einfach aufstehen und stumpfsinnig hin- und hergehen können. Doch dann, so glaubte ich, hätten unsere Kinder mitbekommen, was mit mir los war – wovon ich in dem Moment jedoch nur wenig hielt.

Es wäre schöner, wenn es anderes wäre, aber es ist eben, wie es ist.

Die letzten Minuten bis zur Zugabfahrt haben wir mit einem Ultrakurzbesuch im H&M verbracht – für mich eine wesentlich behaglichere Zugrundegehkulisse. Ich weiß noch, wie es sich anfühlte, dahinein zu gehen. Der Boden schwankte und gefühlt war ich bereits zur Hälfte aus meinem Körper ausgetreten. Noch heute lässt mich das rätseln: Wie habe ich es geschafft, mit meinem Körper in Verbindung zu verbleiben und ihn nach Hause zu steuern? Ich weiß es wirklich nicht.

Verglichen damit erging es mir mit meinen drehenden Äpfeln natürlich eindeutig besser. Mein Körpergefühl war soweit intakt und somit konnte ich mir einen dritten Anlauf letztendlich doch ersparen.


(Foto: Asad Nazir – Pexels.com)