Wenn das Leben auf kleiner Flamme brennt, Freiheit etwas ist, wofür man sich am liebsten mit dem Teufel einlassen würde; wenn man jeden Tag Schlimmes erwartet, obwohl man sich bemüht, das Gute zu fokussieren, und sich der Alltag wie ein endloser Marsch mit abgesägten Beinen anfühlt, dann wünscht man sich manchmal, allen anderen möge es auch so ergehen.


Ich stimme nicht zu

Eben deshalb verstehe ich, was ich neulich von jemanden las, der sich ebenfalls mit CCI/AAI plagt und über all die Einschränkungen, die Corona uns beschert, sinngemäß schrieb: „Da seht ihr mal, wie’s ist!“

Doch damit das klar ist: Zustimmen möchte ich dem nicht. Genaugenommen habe ich sogar ein Problem mit solchen Kommentaren. Sie klingen für mich abfällig und als wären sie dazu da, den Leuten ihre Gesundheit vorzuwerfen. Sicherlich wäre es auf den ersten Blick toll, nicht allein mit seinem Elend dazustehen, zumal eine Vielzahl Betroffener großes Lösungspotential besitzt. Doch wäre das wirklich so? Was ich erlebe, wenn ich in der Gesellschaft chronisch Kranker bin, gleich oft eher einer gut gepflegten Jammergesellschaft, die alternative Perspektiven rigoros ablehnt. Sie bemängeln unser vorherrschendes biomedizinisches Krankheitsmodell, das Krankheit nur anerkennt, wenn man sie objektiv messen kann, lehnen aber gleichzeitig eine multifaktorielle Sicht auf ihre Beschwerden ab, als fänden sie ihre missliche Situation im Grunde gar nicht schlecht.

Wozu Gehässigkeiten?

Eigentlich großer Blödsinn, ich weiß – zumindest gemessen an CCI/AAI. Diese Krankheit lässt keinen Platz für leicht dahergesprochene Schlauheiten, so exklusiv und unantastbar ist sie im Vergleich mit allen anderen Beschwernissen. Wen CCI/AAI besonders hart trifft, der wäre froh, solchen Humbug verbreiten zu können – denn oftmals reicht die Kraft ja nicht einmal zum Atmen. Doch was nützen da Gehässigkeiten? Lasst doch die Gesunden gesund sein, nehmt sie euch als Schablone für das, was ihr erreichen wollt. Mit einem Unterschied: Ihr wärt als Gesunde ununterbrochen dankbar und zufrieden, allein deshalb, weil es euch gut geht. Ich jedenfalls freu mich drauf.