Ein gefährliches, hoch ansteckendes Virus geht um, schreien dickgedruckte Überschriften. Niemand hat deshalb Angst, soviel ist klar. Konserven, Desinfektionsmittel und Atemmasken kann man schließlich jederzeit bunkern.
Paranoid
Auch mein Mann und ich sind nicht sonderlich ängstlich. Neulich, als es noch Desinfektionsmittel und Klopapier zu kaufen gab, hechteten wir nur deshalb in einen Großhandel, um uns, wie es sich offenbar gehört, Tage später kopfschüttelnd über Hamsterkäufer empören zu können. Man muss schließlich vorsorgen…
Neugierig beobachteten wir Leute, die Konserven und Klopapier in ihre Einkaufswagen gepfropft hatten, und sich wie Raubkatzen an Kartons und Eimer voller Desinfektionslösung heranpirschten. „Ganz schön paranoid“, dachte ich, und beobachtete meinen Mann, wie er einen Sack Nudeln in den Korb hievte.
„Brauchen wir so viele Nudeln?“, fragte ich und überlegte, wie mir der Ausbruch der Apokalypse entgangen sein konnte. Zeitgleich kam eine kleine alte Dame mit einem Einkaufswagen voller Trockenobst um die Ecke gefahren, blieb beim Desinfektionsmittel stehen und zog mit ungeahnter Kraft einen der Kartons soweit aus seinem Platz heraus, dass dieser zu Boden polterte. Mein Mann, der zu den Nudeln auch noch einen Sack Reis gesellt hatte, war indessen schon in einem anderen Gang verschwunden, sodass ich allen Grund hatte, mich schuldig zu fühlen. „Ich hätte ihr helfen können“, dachte ich reuevoll. Doch all das wollte nun mal nicht in meinen Kopf. Müssen wir wirklich für schlechte Zeiten vorsorgen? Müssen wir wirklich Angst haben?
Andere Sorgen
Bisher hatte ich ganz andere Sorgen gehabt. Beispielsweise meine Prüfungen, die ich unglücklicherweise mit unaussprechlich schlimmem Schwindel antreten musste. Dass da etwas ist, das viele Leute seit Wochen zu massiven Hamsterkäufen treibt, war mir zwar bewusst, doch letztendlich, dachte ich bis zu diesem Moment (und sprach es scheinbar auch mehrfach laut aus), ist es damit wie mit vielen anderen Dingen: Sie vergehen.
„Und das wird es auch“, erwiderte mein Mann überzeugt. „Doch es kann ja nicht schaden, ein paar Vorräte anzulegen, falls auch wir mal unter Quarantäne stehen.“
Mit der unbrechbaren Entschlossenheit eines Familienoberhaupts sammelte er also ein paar Dosen mit Gemüse, etwas Mehl und Trockenobst, Kerzen, Seife, etwas Süßkram fürs Gemüt und lauter Krimskrams, der den drohenden Hausarrest in eine Pyjamaparty verwandeln könnte. Eine Apokalypse ohne Spaß ist schließlich keine richtige Apokalypse.
Vielleicht
Vielleicht habe ich den Schuss wirklich nicht gehört. Vielleicht ist das, was gerade passiert, ein Genickbruch für unsere Welt. Vielleicht stirbt unsere Wirtschaft. Vielleicht wird hinterher alles anders. Vielleicht besser, vielleicht schlechter. Vielleicht ist dieses Virus menschengemacht, vielleicht eine entlaufene oder absichtlich ausgesetzte Biowaffe, wie manche sagen. Vielleicht auch nicht. Es spielt sowieso keine Rolle. Denn das eigentliche Problem sind wir selbst.
Versteht mich aber bloß nicht falsch. Selbstverständlich empfinde ich es als traurig, wenn Menschen sterben müssen. Schlimm und erst recht destruktiv sind aber auch Massenpanik und Diebstahl von Krankenhauseigentum, welches zu Lasten besonders gefährdeter Menschen in irgendwelchen Abstellkammern versauert oder ohne den erhofften Nutzen vergeudet wird. Schlimm ist es auch, wenn Menschenmassen sich auf engstem Raum um das letzte Fläschchen Spiritus prügeln, bei dem sich der einzige Sieger das Corona-Virus und dazu noch ein paar andere ansteckende Krankheiten einfängt. Nur aus Angst.
Angst
Es gibt auf dieser Welt nichts ansteckenderes als Angst. Sie lässt uns nicht nur impulsiv, sondern ironischerweise auch extrem anfällig für etwas werden, das sie COVID-19 genannt haben. Die Experten sollten es eigentlich wissen: Aus jedem Gesunden lässt sich spielend leicht ein Todkranker machen, wenn man ihm einen entsprechenden Gedanken einpflanzt. Dieser zuverlässige Mechanismus heißt Nocebo-Effekt und ist quasi der Gegenspieler des Placebo-Effekts, der bekanntermaßen das Einsetzen einer positiven Wirkung ohne vorhandenen Wirkstoff beschreibt. Das bedeutet: Allein der Glaube an Heilung bewirkt Heilung – unabhängig von der Erkrankung! Beim Nocebo-Effekt ist es genau andersrum: Der Glaube, krank zu sein oder krank zu werden, veranlasst das Gehirn, diesen Glauben in biochemische Signale zu übersetzen. Diese sind messbar, mit der Zeit sichtbar und können sogar zum Tod führen – ob eine wirkliche Ursache existiert oder nicht.
Bleibt ruhig
Was dieses Virus verursacht und ausbreitet ist also mindestens zu einem Großteil menschengemacht. Somit bitte ich euch: Haltet zusammen, bleibt besonnen und lasst nicht zu, dass Angst euch in Kannibalen verwandelt! Bleibt ruhig, denkt nicht daran, was euch widerfahren könnte, sondern daran, was ihr euch wünscht. Euer Gehirn ist dumm. Es nimmt, was ihr ihm vorgebt, und macht daraus die Realität.
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