Unser Streben nach Perfektion ist wie der Versuch, über einen Regenbogen zu spazieren. Es spielt keine Rolle, wie schnell wir darauf zulaufen, es wird uns nicht einmal gelingen, in seine Nähe zu kommen. Vermutlich ist das sogar besser so. Denn graphisch betrachtet kann es nach einem Höhepunkt ja nur noch abwärts gehen.


Einzigart

Ein Leben lang etwas Unerreichbares zu wollen, bedeutet ein Leben lang unzufrieden zu sein. Ohne Frage ist das nichts Positives, doch wer begnügt sich schon mit dem, was er hat? Wenn etwas gut läuft, könnte es besser laufen. Wenn etwas schön ist, könnte es schöner aussehen. Wenn etwas groß ist, könnte es größer sein. Zwar ist gegen Zufriedenheit beileibe nichts einzuwenden, doch bleiben wir für einen Moment realistisch: Man könnte zufriedener sein. Bestenfalls zufriedener als alle anderen, denn – sind wir mal ehrlich – darum geht es doch letztendlich.

Die allerbesten Chancen haben zweifellos diejenigen, die schöner sind und cleverer und selbstverständlich reicher…er. Nur wer nach dem Besten strebt, genießt das Privileg, von sich etwas behaupten zu dürfen, was alle anderen aus rätselhaften Gründen nicht zu interessieren scheint: einzigartig zu sein – die fürwahr allereinzigste Chance, die man hat, wenn man tut, was alle tun.

Perfektion ist demnach, so glaube ich, ein Begriff, der etwas meint, von dem wir glauben, es sei für das Erleben von Zufriedenheit unverzichtbar. Bedauerlicherweise ist er zugleich überaus uneindeutig, sieht er doch für jeden Menschen anders aus. Als Maß ließe sich damit kein gerader Turm konstruieren, erst recht kein stabiler. Doch Perfektion verlangt genau das von uns: eine gerade, aberwitzig hohe Konstruktion, deren Maßstab einer subjektiven Objektivität unterliegt – je nachdem, wer beim Bau zuguckt.

Wenn ihr mich fragt: Perfektion ist eine Lachnummer.