Am schlimmsten ist das Alleinsein. Allein mit meinen Kindern, die ich so sehr liebe und dennoch nicht umsorgen kann. Es ist unerträglich, nicht für sie da sein zu können. Es zerfrisst mich. Die Symptome zerfressen mich.
Ziemlich widerwärtig
Die Vormittage verbringe ich oft auf der Toilette und entleere mich restlos wie eine löchrige Klärgrube. Wieder und wieder, ohne zu wissen, wo das alles herkommt. Ziemlich widerwärtig, ich weiß, doch es ist nun mal die Wahrheit. Wenn ich Glück habe, springt in diesen Momenten mein Mann für mich ein und hütet unseren kleinen Sohn. Er macht das, obwohl er eigentlich in seinem Büro sitzen und programmieren müsste.
Schuldzerfressen lege ich unseren kleinen Prinz oft auf ein großes Kissen neben der Badewanne und singe ihm, während ich versuche, die Kontrolle über meinen sinkenden Körper zurückzugewinnen, lustige Lieder vor. Ein abstruses Bild, wenn ich so darüber nachdenke, doch allein und nach mir schreien lassen kann ich ihn einfach nicht – er ist doch noch so klein und ich weiß, dass meine Nähe ihn beruhigt. Dann weiß er, dass ich noch da bin.
Flut
Ich möchte funktionieren. Doch da sind noch so viele andere Symptome: Schwäche in Armen und Beinen, Herzflimmern – mag die gesamte Kardiologenschaft meinetwegen auch widersprechen – Kreislaufabstürze, die kurz vor dem Aufprall von einer Flut Adrenalin abgebremst werden und sich ins brutale Gegenteil verkehren. Könnte ich wenigstens aus dieser Nebelwolke ausbrechen, die meinen Verstand betäubt und dennoch nicht zulässt, dass ich schlafen kann…
Unsere Kinder spüren all das. Sie wollen helfen, doch sie sind wie ich völlig machtlos. Ebenso wie mein Mann, der zum Glück nicht sehr oft fort ist. Nur, wenn er für uns einkaufen fahren muss – denn selbst das schaffe ich momentan nicht. Der Arme muss so viel schultern, so viel ertragen, dem er nichts entgegensetzen kann. Und ich selbst bin nichts als ein dauerscheißender, weinender und nach Luft japsender Klotz an seinem Bein.
Loslassen und festklammern
Die Momente, in denen er mal raus kommt, gönne ich ihm. Er muss auch mal Luft schnappen und sich erholen dürfen, auch wenn es für mich dann umso schwieriger und angsterfüllender ist, meine Mutterrolle auszufüllen. Ein Baby, ein Kleinkind und ich, auf die ein gigantischer Sturm Symptome einprasselt – das ist wie ein Zwiespalt zwischen Loslassen und Festklammern.
Meine größte Angst ist es, das Bewusstsein zu verlieren, wenn mein Mann nicht da ist. Wie lange würde es dauern, bis unser Sohn gefunden würde? Und unsere Tochter, die bestimmt ganz verängstigt wäre… Wie kann ich nur so unfassbar nutzlos sein?
All dies sind keine irrationalen, an den Haaren herbeigezogenen Gedanken. Es sind die Gedanken einer Mutter, die sich nichts als nur das Beste für ihre Kinder wünscht. Und das Beste bin nun mal ich. Ich in gesunder Form.
Und eben deshalb lasse ich nicht los. Ich folge meiner Überzeugung und glaube daran, dass alles wieder gut wird. Früher oder später, auch wenn ich jetzt schon um die kostbare Zeit mit meinen Kindern trauere.
(Foto: Vie Studio – pexels.com)
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