Ich danke meiner jüngsten Gesprächspartnerin, die durch diesen Blog auf die Idee kam, mir ihre Geschichte zu erzählen. Sie berichtete mir von einer sehr wertvollen Muskelaufbau-Technik für die Kopfgelenke. Hier im Blog ist sie zwar schon angedeutet, allerdings noch viel zu zaghaft. Das wird sich ab sofort ändern!


Wie ihr vielleicht schon in Folge 2 meines Podcasts gehört oder in dem einen oder anderen Beitrag gelesen habt: Ich vertrete von ganzem Herzen die Überzeugung, dass keine, ebenso wenig meine Erkrankung eine rein körperliche ist. So sehr es uns Instabilos auch ankotzen mag, im Minutentakt in die Schublade der Angstgestörten oder psychosomatisch aus der Bahn geratenen verfrachtet zu werden – die Psyche ist niemals, niemals unbeteiligt. Mehr noch: Sie ist unser bester Joker!

Immer wieder wahr

Genaugenommen ist die Psyche von allen Dominosteinen der allererste. Das klassischsten aller Beispiele müsst ihr an dieser Stelle nochmals über euch ergehen lassen, denn es gehört nun mal einfach dazu: Stellt euch eine Zitrone vor. Stellt euch vor, wie ihr an ihrer Schale riecht, sie durchschneidet und hineinbeißt. Nehmt euch etwas Zeit dafür und blendet andere Dinge für einen Moment aus.

Und? Wahrscheinlich hat sich Spucke in eurem Mund gesammelt und vielleicht habt ihr euch sogar geschüttelt. Und warum? Hattet ihr wirklich Zitronensaft auf der Zunge?

Das menschliche Gehirn ist kritiklos. Es unterscheidet nicht zwischen Phantasie und Realität. Seine Aufgabe ist viel plumper, was ihre hohe Bedeutung jedoch nicht untergraben soll: Es schafft Einklang, anders formuliert Harmonie. Und genau das machen sich viele Kranke zunutze.

Gesund lachen

Beispielsweise sehen sie sich stundenlang lustige Filme oder Serien an, um sich zum Lachen zu bringen – trotz Schmerzen oder anderer schlimmer Symptome. Was das bringt? Ganz einfach: Anstatt die offensichtliche Diskrepanz zwischen körperlichem Empfinden und der vollkommen unpassenden Reaktion zu hinterfragen, „denkt“ sich das Gehirn: „Nanu? Hier wird gelacht! Muss einen Grund haben…“ – und schon setzt es alle Hebel in Bewegung, die körperliche Ebene an die psychische anzugleichen. Es erschafft, wie oben angedeutet, Harmonie. Denn so ist es vorgesehen – für das Universum, die Natur und für den menschlichen Körper, der ein Teil all dessen ist. Harmonie kann selbstverständlich viele Gesichter haben. Auch Krankheit kann Harmonie bedeuten, sobald das Gehirn gezwungen ist, auf negative Gedanken entsprechende Antworten zu erzeugen. Nocebo-Effekt nennt man das, also das Gegenteil vom oben beschriebenen Placebo-Effekt.

Und es geht noch weiter!

Denkt euch stark

Sogar Muskelaufbau gelingt mit bloßer Gedankenkraft.

In einer Studie wurden beispielsweise 30 untrainierte Männer im College-Alter in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe konzentrierte sich während der Sätze von Bizepsübungen auf ihre Bizeps, während die andere Gruppe sich einfach darauf konzentrierte, das Gewicht hochzuheben. Die Gruppe, die sich auf ihre Muskeln konzentrierte, erlebte fast eine Verdopplung des Muskelwachstums, verglichen mit der Kontrollgruppe (Schoenfeld et al., 2018).

Karst und Willett (2004) konnten demonstrieren, dass Probanden die mittlere Elektromyographie (EMG)-Aktivität ihrer geraden Bauchmuskels als auch schrägen Bauchmuskulatur signifikant steigern konnten, indem sie sich während der Ausführung von Sit-ups bewusst auf die jeweiligen Muskeln konzentrierten. Im Gegensatz dazu bestand eine Kontrollbedingung darin, sich auf die Bewegung selbst zu konzentrieren, ohne besondere Beachtung bestimmter Muskeln.

Eine willkommene Chance, selbst für schwer betroffene Wackelhälse: Die Mind-Muscle-Connektion (Bild: wirbelwirrwarr)

Bedeutet: Allein das Denken an Muskeltraining lässt Muskeln tatsächlich wachsen. Mind-Muscle-Connection heißt dieser Trick und ist für uns Instabilos eine wunderbare Möglichkeit, unsere Kopfgelenke ohne zusätzliche Reizung des Nervensystems zu kräftigen.

Vorgehen

Wichtig dabei ist: Anstatt sich während eines Trainings auf die Anzahl der Wiederholungen zu konzentrieren oder wie diese umgesetzt werden müssen, wandert die Aufmerksamkeit stattdessen auf die beteiligten Muskelpartien. Die Mind-Muscle-Connection verhilft also dazu, mehr Achtsamkeit in eure Übungen zu integrieren – indem ihr währenddessen visualisiert, was eure Muskeln tun.

Der Trick dahinter

Der genaue Mechanismus, wie die Geist-Muskel-Verbindung funktioniert, ist nicht vollständig verstanden, jedoch wurden mehrere Theorien vorgeschlagen. Eine Theorie besagt, dass diese Verbindung durch die neuromuskuläre Verbindung erleichtert wird, an der Nervenzellen und Muskelzellen aufeinandertreffen. Durch wiederholte Übungen und konzentrierte Aufmerksamkeit wird das Nervensystem besser darin, bestimmte Muskeln zu aktivieren, was zu einer stärkeren Geist-Muskel-Verbindung führt.

Eine andere Theorie besagt, dass die Geist-Muskel-Verbindung durch sensorisches Feedback aus den Muskeln selbst vermittelt wird. Wenn Muskeln kontrahiert werden, senden sie Signale an das Gehirn, die dem Gehirn helfen, die Muskeln besser zu kontrollieren. Dieser Rückkopplungsprozess kann durch gezielte Aufmerksamkeit verstärkt werden, was die Kommunikation zwischen dem Gehirn und den Muskeln verbessert.

Augen zu und losdenken!

Also worauf wartet ihr? Augen zu und losdenken! Spannt euren Hintern an, visualisiert die kleinen, aber effektiven Kopfbewegungen, die die Koordination eures Kopfes schulen und Stabilität entstehen lassen. Ihr werdet euch wundern, was eure Gedanken alles können…


Clark, B. C. et al (2014). The power of the mind: the cortex as a critical determinant of muscle strength/weakness. Journal of Neurophysiology, 112 (12), 3219. 10.1152/jn.00386.2014

Karst, G. M., & Willett, G. M. (2004). Effects of specific exercise instructions on abdominal muscle activity during trunk curl exercises. The Journal of orthopaedic and sports physical therapy34(1), 4–12. https://doi.org/10.2519/jospt.2004.34.1.4

Schoenfeld, B. J. et al. (2018). Differential effects of attentional focus strategies during long-term resistance training. European journal of sport science18(5), 705–712. https://doi.org/10.1080/17461391.2018.1447020


(Foto: Markus Spiske – pexels.com, Miguel Á. Padriñán)