Herrje, wer hat sich das eigentlich ausgedacht? Schon meine Schwangerschaft verging gefühlt so schnell wie ein Kurzurlaub und nun kuschelt sich unsere kleine Sternschnuppe schon über einen Monat lang in unsere Herzen. Wir sind so dankbar für dieses kleine großartige Wunder. Wenn ihr wollt, erzähle ich heute gern mal wieder aus dem Nähkästchen.
Die Sache mit der Narbe
Ihr habt bestimmt noch auf dem Schirm, dass ich einige Wochen vor meinem Kaiserschnitttermin Belastungen jeglicher Art möglichst umrunden sollte. Der Grund dafür war, dass meine alte Kaiserschnittnarbe während der letzten Geburt gerissen ist und dieses Risiko auch diesmal zu befürchten war. Mit zunehmendem Umfang bekam ich auch tatsächlich mehr Schmerzen in diesem Bereich, mal ein Pieksen, mal brannte es, mal war es wie Messerstiche. In jedem dieser Fälle musste ich in die Klinik, um nachsehen zu lassen, ob noch alles hält. Was ein Nervkram, sag ich euch.
Ein Wochenende im Krankenhaus
Das Wochenende vor meinem Termin war zugleich das Wochenende vor dem Geburtstag unseres Sohnes. Mittwoch sollte sein großer Tag werden, auf den er übrigens schon seit mindestens anderthalb Jahren gewartet hatte. Am Tag danach war der Einzug in die Klinik anberaumt, Voruntersuchungen über mich ergehen lassen und die Op besprechen, die für Freitagfrüh geplant war. Aber ihr ahnt es schon: Es kam alles anders.
An besagtem Wochenende musste ich nach einer weiteren Kontrolluntersuchung im Krankenhaus bleiben. Die Ärztin hatte zwar nichts Ernstes feststellen können, doch sie wollte lieber auf Nummer sicher gehen und schauen, ob unsere Kleine womöglich früher geholt werden müsste. „Die Frage ist, worauf wir eigentlich warten. Das Baby ist reif“, zielte sie auf einen vorgezogenen Kaiserschnitt ab. Ich weiß noch, wie ich daraufhin zu ihr sagte: „Das wird nichts! Unser Sohn hat am Mittwoch Geburtstag, ich muss Zuhause sein!“ Die Antwort der Ärztin zeugte von Verständnis: „Wenn alles gut ist, können Sie nochmal nach Hause. Versuchen Sie dafür aber, übers Wochenende zur Ruhe zu kommen.“
Und das gelang mir auch. Ich kuschelte mich in mein Bett in einem wundervollen Einzelzimmer, schmiss den Fernseher an und schaute, nachdem ich anfangs schockiert war, wie viel Dünnes den Leuten mittlerweile untergejubelt wird (wir haben hier Zuhause nämlich keinen Kabelanschluss), rauf und runter Shopping Queen und häkelte nebenbei Babypullover.
Wenn die Schwestern und Hebammen nach mir sahen, brachten sie gute Laune und oft auch einen Tee mit. Ansonsten hatte ich gegenüber von meinem Zimmer eine Vielfalt von Naschereien und Getränken zur Auswahl, was sich ein bisschen wie im Hotel anfühlte. Grandios war, wie nahbar und lustig alle Ärzte dort zu mir waren und wie toll alle als Team zusammenarbeiteten, ohne permanentes Hierarchiegehabe, wie ich es sonst kannte.
Big Party
Am Sonntag wurde ich mit weniger Schmerzen entlassen, aber unter der strengen Auflage, fortan auf der Couch zu bleiben und bloß keine Hausarbeiten zu verrichten. Gar nicht so einfach beim Blick auf die vielen kleinen Baustellen, die eben so anfallen, wenn man Kinder hat. Und einen Ehemann…
Aber ich will nicht unfair sein, mein Schatz gab sich wirklich große Mühe, das Chaos bestmöglich in Schach zu halten und mir alles Erdenkliche abzunehmen. Selbst Frühstück, Mittag und Abendessen bereitete er mir zu, sodass für mich eigentlich nur der Toilettengang übrig blieb. 😋
Trotz Faulenzen begann meine Narbe erneut zu rumoren. Das war richtig unangenehm und machte mich nervös. Auf die Fahrt in die Klinik verzichtete ich dennoch, denn ich wollte partout den Geburtstag unseres Sohnes miterleben. Und glücklicherweise wurde mein Wunsch erfüllt.
Morgens gab’s für unseren Süßen einen Berg Geschenke, die sehnlichst erwarteten Schokomuffins, schiefes, aber herzliches Singsang und lauter warme Umarmungen. Auch der Rest des Tages lief nach seinen Vorstellungen ab, sodass mir am Abend regelrecht ein Stein vom Herzen plumpste.
Die letzte Nacht Zuhause redete ich, wie üblich geworden, mit unserer kleinen Bauchprinzessin über meine Sorgen und Wünsche, aber auch darüber, dass ihr bis zum Kaiserschnitt nicht mehr viel Zeit blieb, sich den Zeitpunkt ihrer Geburt selbst auszusuchen. Das war es, was mich immer öfter traurig gemacht hatte – dass unsere Kleinen nicht einmal selbst entscheiden durfte, wann sie Mamas Bauch verlassen wollte. Ich wusste aber: Bauchbewohner sind immer für eine Überraschung gut.
Der kaputte Auspuff
Am nächsten Tag um die Mittagszeit hieß es ab in die Klinik. Doch was wäre ein Konrad’sches Vorhaben ohne Hindernisse? Schon früh am Morgen ging es damit los. Unsere Tochter verkündete uns, dass sie ihren nagelneuen Busausweis verloren habe, weshalb wir damit rechnen mussten, dass der Busfahrer sie einfach stehen lässt. Ärgerlich, aber sicher noch kein Grund zur Aufregung. Der kam aber gleich danach, als mein Mann ins Wohnzimmer stolperte und sagte: „Ich fahr jetzt mal in die Werkstatt, unser Auspuff ist abgefallen, alles gut, bis gleich!“ Und da lag ich nun, ganz allein auf der Couch, während ein Anruf aus dem Kindergarten eintrudelte: „Raban wurde vom Stuhl geschubst und hat Kopfschmerzen. Er muss abgeholt werden.“
Ich weiß nicht mehr genau, wie, doch mein Mann schaffte all diese Problemchen in Rekordzeit aus der Welt. Als dann auch unsere Kinder sicher bei Oma und Opa untergebracht waren, konnte es endlich losgehen.
Ich wehe
Auf Station herrschte viel Trubel. Vier oder fünf Kinder waren auf dem Weg in die Welt, während ich zur Überbrückung der Zeit ans CTG angeschlossen wurde. Mein Mann lief im Zimmer auf und ab, da er schnellstmöglich nach Hause wollte, um vor der OP am nächsten Tag noch ein paar Aufgaben abzuarbeiten. Doch unsere Kleine hatte andere Pläne.
Vor Ende der CTG-Aufzeichnungen spürte ich, wie sich mein Bauch wiederholt zusammenzog. „Das ist jetzt aber irritierend regelmäßig“, sagte ich zu meinem Mann, dem CTG- und „Geburtskäse“-Experten und deutete auf die zackigen Ausschläge auf dem Papier. Prompt nahm er den langgewachsenen Ausdruck in die Hände und analysierte die Ergebnisse. „Aaaach, das sind keine Wehen. Das ist nur Stress.“ Wie gesagt: Mein Mann, Wehenexperte.
Nach einer Weile platzte eine gut gelaunte, aber spürbar abgearbeitete Hebamme ins Zimmer. „Frau Konrad, merken Sie Ihre Wehen?“, fragte sie, woraufhin ich nickte und meinem Mann gewisse Blicke zuwarf. „Also sind das doch Wehen. Die… darf ich doch gar nicht haben“, stotterte ich überrumpelt. „Ich weiß“, schnaufte die Hebamme und schob ihren Kopf aus der Tür, um Ausschau nach der Oberärztin zu halten. Diese erschien dann auch gleich und nahm mich sofort mit zum Ultraschallgerät, um Kind und Narbe anzusehen. Kurz darauf teilte sie uns mit: „Wir holen das Kind heute noch.“
Der Kaiserschnitt
Im Kreißsaal nebenan zog ich meine OP-Sachen an und wartete auf meinen Auftritt. Ich empfand das als sehr beängstigend, da mein letzter Aufenthalt in solch einem Raum fast mein Ende gewesen wäre, nicht zu reden von den Schmerzen. Daher konnte es meiner Meinung nach nicht früh genug mit der OP losgehen, auch wenn ich großen Bammel hatte.
So ein Kaiserschnitt ist eben nichts, was man gern wiederholt. Es gibt eine Nadel in den Rücken, wenig später eine weitere und schon liegt man bauchabwärts betäubt unter lauter grünen Tüchern auf dem OP-Tisch und bangt wie verrückt, dass auch wirklich alles taub ist.
Das Schöne war, dass mein Mann diesmal dabei sein durfte und ich nicht die Hand einer unschuldigen Schwester drücken musste. Die Stimmung im OP war, wie nicht anders zu erwarten, lustig und entspannt und jeder der Ärzte um mich herum passte genau auf, dass es uns gut ging.
Als ich es im Bauch rumpeln spürte, wusste ich, dass unsere Tochter jetzt auf die Welt geholt werden würde. In diesem Moment hörte ich, wie die Oberärztin sie begrüßte und dann ein leises Schreien. Und auf einmal sah ich ihr mit Blut und Geburtskäse verschmiertes kleines Gesicht neben meinem und konnte nur noch in Tränen ausbrechen und sie küssen.
Unsere Tochter war geboren. Unsere kleine Anne, die schon so vielen Dingen meisterhaft trotzte.
Danke
Meine Dankbarkeit für die phantastische Betreuung im Arnstädter Krankenhaus lässt sich nur schwer formulieren. Deshalb belasse ich es oft dabei, kurz innezuhalten und das eine oder andere Tränchen zu vergießen. Ich hoffe, noch sehr viele Frauen und Väter dürfen die Erfahrungen machen, die ich mitgenommen habe. Und ich hoffe, die Ärzte, Hebammen und Schwestern vergessen niemals, wie besonders sie alle sind.
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